Gewissen, Wert und Normalisierung
Dieses Essay wurde zum deutschlandweiten Schreibwettbewerb "Die Freiheit, die ich meine" eingereicht und ausgezeichnet. Im Jahre 1989 war ich in Sorge. Ich wollte nicht, dass die Mauer fällt. Ich fürchtete, dass der imperialistische Feind auf unsere Seite kommt. Mein vierzehn Jahre altes Gewissen fühlte sich rein an — zumindest wenn man davon absah, dass ich mit meinem Freund Patrick gelegentlich Zigaretten aus der „Ernte 23” Schachtel seines Vaters geklaut hatte. Der Sozialismus war eine Lebensordnung, die ein Kind konditionierte und zugleich behütete. Glücklicherweise endete er als ich zum Jugendlichen initiiert wurde. Sonst hätte ich das Korsett gespürt, das mir wie unter einem römischen Vater, mein ganzes Leben lang keine Emanzipation gewährt hätte.