Der „Fetisch“ Geld, also unser Glaube daran, hat unsere Zivilisation so weit ergriffen, dass wir dieses Mittel als ultimative Lösung unserer Probleme ansehen. Welche Probleme haben wir? Zuwenig Geld natürlich. Und dann kommen die Ausländer und wollen auch noch etwas. Das ist die Essenz demagogischer europäischer Politik der neuen Rechten. Im Kern liegt Kapitalismuskritik, welche sich die Rechte mit der Linken teilt. Die rechte Demagogie findet dabei besseren Nährboden, weil sie das Element der Hetze gegen jene nutzt, die als Projektionsfläche eigener Ängste einfacher zu greifen sind: Asylsuchende.
Andere Hautfarbe, andere Sprache. Damit ist man in Österreich und dem übrigen Europa ein Wirtschaftsflüchtling in den Augen jener, welche Angst haben, ihr kleines bißchen Wohlstand zu verlieren. Darunter sind Europäer, die in der ökonomischen Hierarchie ganz unten stehen und ohnehin in Verzweiflung leben ( die Lohnsklaven ) und solche, welche sich als Mittelstand begreifen, dessen Pfründe minimiert werden durch „soziale Schmarotzer“. Mittelständler sind dabei die aggressivsten Xenophoben, denn sie glauben, das meiste zu verlieren zu haben. Das Dilemma des durchschnittlichen Europäers wird deutlich, wenn man sein schmales Einkommen und seine Sozialabgaben der Hörigkeit gegenüber dem System Kapitalismus gegenüberstellt. Der durchschnittliche Angestellte / Arbeiter singt das Lied seines Brotgebers und ist unzufrieden. Er lebt in Angst. Diese Angst des in Lohn und Brot stehenden Europäers ist so diffus wie sein Glaube an das kapitalistische System, wo der Tellerwäscher zum Millionär werden kann und wo ein Leben ohne Arbeit ständig in greifbarer Nähe ist. Waren die Telekom-Aktien in den 90ern ein Reinfall, klappt es jetzt vielleicht mit Bitcoin. Dazu gesellt sich der natürliche Streß eines Angestellten, über dem das Damoklesschwert der Entlassung schwebt. Wenn selbst Arbeit nicht mehr stabil scheint, wie kann sich der Europäer noch gedanklich von seinen existentiellen Problemen fernhalten? Von Leiharbeiten wollen wir gar nicht reden.
Zerstreuung durch Unterhaltungselektronik hilft eine Weile. Zerstreuung durch das Internet schlägt fehl, denn der Algorithmus der Echo-Bubble hat unseren Geist in der Zange: Die informelle Blase unserer Vorlieben und politischen Ansichten ist gefestigt. Und die reale Welt widerspricht diesen zu jeder Zeit. Das Internet ist nur noch Streß und alle neue Information ist Lüge. Die Welt ist ungerecht. Das sagt auch Björn Höcke oder Donald Trump oder Sebastian Kurz von der FPÖ. Da haben sie recht, sagt Volkes Stimme. „Kontext“ ist überbewertet, sagt der Demagoge zwischen den Zeilen. Die Welt ist im Geiste Höckes, Trumps und Kurz‘ deswegen ungerecht, weil uns die anderen ständig etwas wegnehmen ( oder wegzunehmen versuchen ). Jetzt wird es kompliziert, deshalb schalten viele ab: Wer sind „die anderen“?